Emma Trosse, Lehrerin, Autorin
Zur Biografie
Emma Johanna Elisabeth Trosse wurde am 6. Januar 1863 in Gransee als Tochter eines Lehrers und dessen Frau geboren. Sie zeigte früh eine besondere Begabung für Fremdsprachen und beherrschte später sieben Sprachen fließend. Trosse ließ sich zu einer Zeit, als Frauen das Studieren noch sehr erschwert wurde, in Berlin zur Lehrerin ausbilden und wurde in mehreren Schulen und privaten Haushalten in Orten wie Gransee, Gnesen (heute Gniezno, Polen) und Schneidlingen bei Magdeburg tätig. Schließlich legte sie die Schulleiterprüfung in Hannover ab und leitete ab 1890 ein Institut für „höhere Töchter“ in Würzburg. Drei Jahre später zog sie nach Neuenahr in die Eifel, wo sie zusammen mit Hermine Dulsmann (1847–1905), einer engen Freundin, ein Mädchenpensionat eröffnete.1900 heiratete Emma Trosse den Arzt Constantin Külz (1869–1923), und zwei Jahre später wurde sie Mutter einer Tochter. Da ihr als verheirateter Frau nach dem damaligen deutschen Recht das Unterrichten versagt war, baute sie zusammen mit ihrem Mann das erste Sanatorium für Menschen mit Diabetes in Neuenahr auf. Nach dem Tod ihres Mannes führte Emma Trosse die Geschäfte des Hauses weiter, bis sie es ihrer Tochter und deren Ehemann übergab.
Bereits neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin und Schul- bzw. Pensionatsleiterin schrieb Emma Trosse Gedichte, die noch heute ihren Ruf als eine der beliebtesten Heimatdichterinnen des Ahrtals begründen. Sie setzte sich in wissenschaftlichen Abhandlungen aber auch mit mittelalterlichen medizinischen Schriften sowie insbesondere den Heilungsmöglichkeiten der Diabetes auseinander.
Darüber hinaus gilt Emma Trosse als eine Pionierin der emanzipatorischen Publizistik zur männlichen wie weiblichen Homosexualität. Ihre erste Schrift zum Thema, Der Konträrsexualismus inbezug auf Ehe und Frauenfrage, erschien bereits 1895 im Verlag von Max Spohr in Leipzig und damit noch vor entsprechenden Schriften Magnus Hirschfelds. Emma Trosses Buch Ein Weib? Psychologisch-biographische Studie über eine Konträrsexuelle wurde 1897 ebenfalls bei Spohr verlegt, allerdings anonym. Es ist heute die weltweit erste bekannte wissenschaftliche Abhandlung zur weiblichen Homosexualität, die von einer Frau verfasst und veröffentlicht wurde. Trosse legte diese Schrift vor, Jahre bevor sich Johanna Elberskirchen und Theo Anna Sprüngli öffentlich zur lesbischen Liebe bekannten.
Für Emma Trosse war die „Konträrsexualität“ eine angeborene Veranlagung, damit natürlich und historisch schon immer existent. Der Staat müsse Maßnahmen ergreifen, um das Recht der Menschen auf sexuelle Freiheit zu schützen. Trosse sprach sich für die Entpathologisierung der männlichen wie weiblichen Homosexualität aus und wandte sich strikt gegen die Kriminalisierung homosexueller Männer nach dem Paragrafen 175 RStGB. Innovativ waren auch Emma Trosses Überlegungen zu Menschen „ohne Sinnlichkeit“, also Personen ohne sexuelle oder erotische Interessen. Trosse zählte sich selbst zu diesen Menschen.
Emma Trosse veröffentlichte nicht nur auf Deutsch, sondern unter anderem auch auf Englisch und auf Polnisch. Einzelne ihrer Schriften wurden in Ländern wie dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Russland als „unmoralisch“ verboten.
Über die letzten Lebensjahre Emma Trosses ist nur wenig bekannt. Emma Trosse verlor im Alter ihr Augenlicht und starb am 23. Juli 1949, 86jährig und völlig erblindet, in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Schriften (Auswahl)
[Trosse, Emma] (1895): Der Konträrsexualismus inbezug auf Ehe und Frauenfrage. Leipzig: Max Spohr.
[Trosse, Emma] (1897): Ein Weib? Psychologisch-biographische Studie über eine Konträrsexuelle. Leipzig: Max Spohr.
[Trosse, Emma] (1899): Ist „freie Liebe“ Sittenlosigkeit? Leipzig: Max Spohr.
Weiterführende Literatur
Leidinger, Christiane (2011): Emma Trosse (1893–1949), verheiratete Külz – Lehrerin, Leiterin, Autorin. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Nr. 48, S. 17-21.
Leidinger, Christiane (2012): Transgressionen – Streifzüge durch Leben und Werk von Emma Trosse (1863–1949). Erste Denkerin des Dritten Geschlechts der Homosexuellen und Sinnlichkeitslosen. In: Invertito – Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten 14, S. 9-38.
Poppelreuter, Helmut (1987): Eine Heimatdichterin des Ahrtals: Emma Trosse (1863–1949). In: Heimatjahrbuch 1987, Kreis Ahrweiler, S. 66-69.
Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen. Hrsg. (2015): Persönlichkeiten in Berlin 1825–2006. Erinnerungen an Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen. Berlin, S. 74-75.