Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Eduard Bertz, Schriftsteller

geb. 8.3.1853 (Potsdam) gest. 10.12.1931 (Potsdam)

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Eduard Bertz, 1912. Verlag von W. Spemann.
Eduard Bertz war ein anerkannter Schriftsteller, Philosoph und Übersetzer, als er 1910 zum Obmann des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) gewählt wurde. Seine ersten Veröffentlichungen hatte er in Form von Gedichten 1871/72 vorgelegt. Es folgten Artikel unter anderem für die linkssozialistische Berliner Freie Presse und ab 1884 Bücher wie The French Prisoners. A Story for Boys, Das Sabinergut (1896), Philosophie des Fahrrads (1900) und Der blinde Eros (1901). Als Übersetzer machte Bertz beispielsweise durch die Persischen Briefe Montesquieus (1885) auf sich aufmerksam. Seine profunden Sprachkenntnisse hatte er sich während langjähriger Auslandsaufenthalte, vor allem in Großbritannien und den USA, erworben. Er wohnte aber zeitweise auch in Paris.

Während seines Aufenthaltes in der französischen Hauptstadt (1878) wurde Eduard Bertz wegen vermeintlicher Beleidigung des preußischen Militärs in einem Artikel für die Berliner Freie Presse in Abwesenheit zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Seine vollen Bürgerrechte wurden erst 1890 wiederhergestellt.

Befreundet war Eduard Bertz unter anderem mit dem englischen Schriftsteller George Robert Gissing (1857–1903), dem Schweizer Literaturkritiker Josef Viktor Widmann (1842–1911) und dem britischen Sexualwissenschaftler Edward Carpenter (1844–1929). Eduard Bertz lernte Magnus Hirschfeld bereits Ende des 19. Jahrhunderts kennen und engagierte sich früh im Aufbau des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK). Schon 1898 unterzeichnete er die Petition des WhK gegen den § 175 RStGB, der männliche Homosexualität mit Strafe belegte.

1905 bekannte sich Bertz brieflich zu seiner Homosexualität, und im selben Jahr legte er im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen eine Studie über den amerikanischen Dichter Walt Whitman (1819–1892) und dessen vermutete Homosexualität vor. In dieser Studie kritisierte Bertz Whitman, mit dem er selbst noch korrespondiert hatte, dafür, dass er seine eigene Homosexualität verleugnet und sich öffentlich sogar gegen die Homosexualität ausgesprochen habe. Weitere Veröffentlichungen und Vorträge zu dem Themenkomplex folgten, so etwa Bertz‘ „Abrechnung mit Johannes Schlaf“: das Buch Whitman-Mysterien (1907). Der Schriftsteller Johannes Schlaf (1862–1941) hatte zuvor in einer Monografie über Whitman Bertz‘ Ausführungen über den amerikanischen Dichter zurückgewiesen.

Eduard Bertz starb 1931 weitgehend vergessen. In den letzten zehn Jahren seines Lebens waren keine Schriften mehr von ihm erschienen.

Schriften (Auswahl)

Bertz, Eduard (1905): Walt Whitman. Ein Charakterbild. In: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen 7 (1. Band), S. 153–287.

Bertz, Eduard (1906): Der Yankee-Heiland. Ein Beitrag zur modernen Religionsgeschichte. Dresden: Carl Reissner.

Bertz, Eduard (2012): Philosophie des Fahrrads. Erweiterte Neuausgabe, herausgegeben von Wulfhard Stahl. Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms Verlag.

Weiterführende Literatur

Stahl, Wulfhard (2008): „Denker Ihrer Art hat Deutschland mehr als jemals nötig.” Eduard Bertz (1853–1931). Eine Spurenlese, in: Aus dem Antiquariat (NF 6), Nr. 3, S. 155-161.

Stahl, Wulfhard (2010): Eduard Bertz – ein Bekenntnis. In: Capri. Zeitschrift für schwule Geschichte (43), S. 21-28.

Stahl, Wulfhard (2016): Eduard Bertz – Edward Carpenter – Josef Viktor Widmann. Korrespondenzen 1906–1908. In: Thomas Fuchs, Katrin Löffler und Christine Haug (Hrsg.): Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte. Unter Mitarbeit von Mark Lehmstedt und Lothar Poethe. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag (24), S. 111-160.