Dean Erdmann: „38“ – im Louche Ops
Vom 13. Juli bis zum 28. September 2024 zeigt Dean Erdmann aus den USA eine neue Ausstellung im Louche Ops in Berlin. Die Ausstellung unter dem Titel „38“ besteht aus einer Reihe von Arbeiten, die aus Erdmanns Interesse und Recherchen zu Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft und dessen großem Einfluss auf die Geschichte von Queer entstanden sind.
Das Institut für Sexualwissenschaft wurde 1919 als Epizentrum für die Erforschung von Sex, Sexualität, Gender und den damit zusammenhängenden Identitäten gegründet. Es war nicht nur ein Ort für theoretische Studien, sondern auch ein soziales Umfeld und ein Aufenthaltsort für verschiedene Subkulturen, denen es Sichtbarkeit bot.
Am 6. Mai 1933 wurde das Institut bei einem organisierten Angriff rechtsgerichteter Studenten geplündert. Stunden später folgten Nazi-Sturmtruppen und nahmen mehr als 20.000 der gesammelten Bücher, Akten und Texte mit, die die Bibliothek und das Archiv des Instituts ausmachten. Weite Teile der Sammlung wurden später öffentlich auf einem Scheiterhaufen vernichtet. Der Titel von Erdmanns Ausstellung „38“ bezieht sich auf die Anzahl der Bücher, die in den letzten Jahrzehnten wiedergefunden wurden und heute in der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft (MHG) aufbewahrt werden.
In Zusammenarbeit mit der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft und ihrem Archiv hat Erdmann in der jüngsten Vergangenheit diese verbliebenen Bücher fotografiert, gescannt und schließlich als Glasobjekte gegossen. Objektiv betrachtet zeigen die Arbeiten eine komplexe Buchstäblichkeit, indem sie die Ausgangsobjekte verdoppeln. Im Streben nach kristalliner Wahrhaftigkeit liegt aber auch eine melancholische Ironie in Hinblick auf den Gegenstand. Was als transparente Materialität erlebt wird, ein Spiel mit Überlegungen zu Licht und Literatur, suggeriert auch eine nicht durchlässige Opazität. Eine gegenständliche Skulptur eines Buches ist von Natur aus antimimetisch. Selbst bei höchster Genauigkeit ist der Inhalt des dargestellten Gegenstands, der Text selbst, abwesend. Die Oberfläche ist eine Hülle, aber hier ist die Hülle klar. Wenn man Erdmanns Werke sieht, sieht man auch ihre Umgebung, durch sie hindurch oder, wahrnehmbar, in ihnen.