Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft trauert um Dr. Jens Dobler

7. Februar 1965 – 13.September 2024

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Jens Dobler 2022 (Foto: Ralf Dose)

Jens Dobler studierte Erziehungswissenschaften, Psychologie und Neuere Geschichte. 2008 wurde er an der Technischen Universität Berlin in Neuerer Geschichte promoviert mit einer Arbeit zur Homosexuellenverfolgung durch die Berliner Polizei zwischen 1848 und 1933. Von 2007 bis 2022 war er Vorstandsmitglied der Magnus-HIrschfeld-Gesellschaft. 2010 bis 2015 war er Archiv- und Bibliotheksleiter des Schwulen Museums* in Berlin, anschließend leitete er bis 2022 die Polizeihistorische Sammlung im Polizeipräsidium Berlin. Seit Oktober 2022 bearbeitete er für die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft das Forschungsprojekt „Die Plünderung des Instituts für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld in der NS-Zeit“, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wird.

Jens starb am Vormittag des 13. September 2024 in seiner Wohnung. Sein Tod kam leider nicht unerwartet – er litt unter einer sehr aggressiven Krebserkrankung und hatte uns über seinen Gesundheitszustand nicht im Unklaren gelassen. Es war seine Entscheidung, die mögliche Verlängerung seines Institutsprojekts um ein weiteres Jahr nicht zu beantragen: Er wusste, dass er diese Zeit nicht mehr haben würde. Stattdessen steckte er alle ihm verbliebene Kraft in die Fertigstellung des Manuskripts mit den Ergebnissen seiner Forschungen.
Der Wunsch, möglichst viel davon noch selbst abschließen zu können, hat ihn lange am Leben gehalten. Er hat dafür gesorgt, dass wir wissen, auf welchem Stand seine Arbeiten sind und wo wir die Unterlagen dazu finden können. Dieses Projekt werden wir als sein Vermächtnis zu Ende führen. Noch ein weiteres Vorhaben hat er uns aufgetragen: Kurz vor seinem Tod schickte er uns eine Audio-Datei mit Angaben und Hinweisen zu seinem Projekt eines Lexikons der Damendarsteller. Er wusste, dass er dieses ihm so wichtige Projekt nicht mehr selbst fertigstellen könnte.

Wir verdanken Jens Dobler zahlreiche Arbeiten zur schwulen und LSBTI*-Geschichte. Besonders wichtig für die Forschungen zum Umfeld von Magnus Hirschfeld und dem Institut für Sexualwissenschaft waren die von ihm zusammengestellten Indizes zu den Jahrbüchern für sexuelle Zwischenstufen: Namens- und Ortsverzeichnisse, die das sichere Auffinden von Informationen in diesen Quellen erst möglich gemacht haben (erschienen 2004).

Sein besonderes Interesse galt dem Verhältnis zwischen der Polizei und den Homosexuellen. Aus dem Thema seiner Dissertation ergaben sich biografische Arbeiten über einige Angehörige der Polizei, die besonders eng mit dem Wissenschaftlich-humanitären Komitee zusammengearbeitet haben: Leopold von Meerscheidt-Hüllessem, Hans von Tresckow, Dr. Heinrich Kopp und Karl Metelmann. Dass dem Rechtsanwalt und WhK-Obmann Fritz Flato 2011 in Berlin ein Denkmal gesetzt werden konnte, geht auf seine Initiative zurück.
Aber sein Interesse an der Polizeiarbeit beschränkte sich nicht auf die Zeit vor 1933 und die Zeit des Nationalsozialismus, sondern nahm auch spätere Ereignisse in den Blick. Die akribisch vorbereitete Ausstellung Drei Kugeln auf Rudi Dutschke (2018) im Polizeihistorischen Museum lenkte 50 Jahre nach dem Attentat große Aufmerksamkeit auf ein traumatisches Ereignis der Westberliner Geschichte.

Die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft hat Jens Dobler viel zu verdanken. Ohne seine Umsicht und sein Engagement wäre uns die Übernahme der Bibliothek zur Kulturgeschichte der Sexualität und der Sexualwissenschaft aus dem früheren Frankfurter Institut für Sexualwissenschaft nicht möglich gewesen. Sein Blick für das Wesentliche und sein ruhiges Urteil auch in schwierigen Situationen werden uns fehlen. Seine nun uns anvertrauten Projekte zu Ende zu führen, ist uns Verpflichtung.