Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

„Hat der Gesetzgeber, frage ich, ein Recht dazu?“ Karl Heinrich Ulrichs und sein Kampf gegen die Ausgrenzung Homosexueller

Ein Geschichtsabend mit Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und Dirk Siegfried

Dass einmal Straßen nach ihm benannt werden würden, hätte sich Karl Heinrich Ulrichs (1825–1895) vermutlich nicht einmal im Traum vorstellen können. Ulrichs war ein sehr mutiger Mann, aber sein Kampf für die Straffreiheit gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen wurde erst weit nach seinem Tod mit Erfolg belohnt. Erst 1994 wurde der entsprechende § 175 des deutschen Strafgesetzbuches endgültig gestrichen.

Ulrichs wurde in der Nähe von Aurich in Ostfriesland geboren, studierte in Göttingen und Berlin Rechtswissenschaften, wurde Amtsassessor in Syke und schließlich 1853 Hilfsrichter in Hildesheim. Er bekannte sich offen zu seiner homosexuellen Veranlagung, was zu seiner Zeit eine ungeheure Provokation war und ihm ein Ermittlungsverfahren einbrachte, weil er dem Gerücht zufolge „widernatürliche Wolllust mit anderen Männern treibe.“ Er quittierte daraufhin den Staatsdienst und ließ sich in Burgdorf als Anwalt nieder.

Doch auch dort wurde er wegen seiner Veranlagung bedrängt und verlor seine Zulassung. Fortan arbeitete er als Sekretär, Fremdsprachenlehrer und als Journalist – und er veröffentlichte 1864 die erste von zwölf Schriften zu „Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe“ und propagierte darin auch die Möglichkeit der Eheschließung zwischen zwei Männnern.

Schlagartig berühmt und verfemt wurde er jedoch mit seinem Auftritt beim deutschen Juristentag in München im Jahre 1867, bei dem er forderte, jedes Sonderstrafgesetz für Gleichgeschlechtliche aufzuheben. Die durchweg konservativen Juristenkollegen reagierten mit lautem Protest und tumultartigen Szenen. Die gesellschaftliche Stimmung gegenüber Homosexuellen verschlechterte sich. Ulrichs Eintreten für eine liberale Haltung gegenüber Seinesgleichen blieb erfolglos. 1880 ging er deshalb ins Exil nach Italien, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.

150 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung lädt die Vertretung des Landes Niedersachsen zu einem Geschichtsabend über „den ersten Schwulen der Weltgeschichte“ (so der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch) ein. Über Ulrichs und seine Bedeutung sprechen die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und der Berliner Rechtsanwalt und Notar Dirk Siegfried, einer der Initiatoren der Umbenennung der Berliner Einemstraße in Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße.