Institut für Sexualwissenschaft (1919-1933)eine Online-Ausstellung der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft

1. Zwischenstufen der Geschlechtsorgane

Hirschfeld versteht unter Zwischenstufen der Geschlechtsorgane Menschen, deren Genitalien Merkmale beider Geschlechter aufweisen. (In der Literatur werden sie allgemein Pseudohermaphroditen genannt. Als “echten” Hermaphroditismus bezeichnet man reproduktionsfähige Doppelgeschlechtlichkeit, z.B. bei Schnecken und Haselnüssen.)

In unserer Gesellschaft muss jeder Mensch ein(!) Geschlecht haben. Hirschfeld fertigt Gutachten über Personen an, bei deren Geschlechtszuordnung es Probleme gibt. Für das Gutachten ist ausschlaggebend: 1. welchem Geschlecht die Person angehören will, 2. ob der “männliche” oder der “weibliche” Anteil in Körper und Psyche überwiegt.

In seinem Gutachten über die abgebildete 14-jährige Bertha D. fasst Hirschfeld zusammen:

“A. V o l l k o m m e n m ä n n l i c h geartet sind: Bartwuchs, Körperbehaarung, Pubes [d.h. Schambehaarung], Stimme, in negativer Beziehung besonders die Brüste.
M e h r m ä n n l i c h sind: Penis, Gesichtsausdruck, Becken, Bewegungen. Von männlichen Geschlechtszeichen sind n i c h t nachweisbar: Testes [Hoden], Skrotum [Hodensack], Prostata, Ejakulation.
B. W e i b l i c h geartet sind: Die Labia majora [die großen Schamlippen].
M e h r w e i b l i c h sind: Harnröhre und Scheide. Von weiblichen Geschlechtszeichen sind nichtnachweisbar: Ovarien [Eierstöcke], Uterus, Tuben [Eileiter], Menstruation.
C. A l l e ü b r i g e n k ö r p e r l i c h e n u n d s e e l i s c h e n G e s c h l e c h t s m e r k m a l e s i n d g e m i s c h t .
D. Überhaupt n i c h t vorhanden, also weder männlich noch weiblich, ist der Geschlechtstrieb. Auch fehlt bisher ein deutlich männliches oder weibliches Geschlechtsbewußtsein.”
Hirschfeld folgert aus dem Vorherrschen männlicher Geschlechtscharaktere, dass “der innere Chemismus überwiegend männlich” sein müsse und dass eine “männliche Pubertätsdrüse mit männlicher Innensekretion” anzunehmen sei.
Daher – so schließt Hirschfeld in seinem Gutachten – “ist die bisherige Bertha D. dem männlichen Geschlecht zuzuzählen. Dementsprechend ist ihr Geschlecht im Standesregister in männlich, ihr Name Bertha, ihrem Wunsche gemäß, in Berthold umzuschreiben. Kleidung und Haartracht und Ausweispapiere sind entsprechend abzuändern. I h r V e r l a n g e n ,n o c h m a l s a l s K n a b e g e t a u f t u n d e i n g e s e g n e t z u w e r d e n , erscheint begründet.” 3 (Hirschfeld: Sexualpathologie. Bd.2, Bonn 1918, S.54/55)

1. Zwischenstufen der Geschlechtsorgane
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

1. Zwischenstufen der Geschlechtsorgane

Hirschfeld versteht unter Zwischenstufen der Geschlechtsorgane Menschen, deren Genitalien Merkmale beider Geschlechter aufweisen. (In der Literatur werden sie allgemein Pseudohermaphroditen genannt. Als “echten” Hermaphroditismus bezeichnet man reproduktionsfähige Doppelgeschlechtlichkeit, z.B. bei Schnecken und Haselnüssen.)

In unserer Gesellschaft muss jeder Mensch ein(!) Geschlecht haben. Hirschfeld fertigt Gutachten über Personen an, bei deren Geschlechtszuordnung es Probleme gibt. Für das Gutachten ist ausschlaggebend: 1. welchem Geschlecht die Person angehören will, 2. ob der “männliche” oder der “weibliche” Anteil in Körper und Psyche überwiegt.

In seinem Gutachten über die abgebildete 14-jährige Bertha D. fasst Hirschfeld zusammen:

“A. V o l l k o m m e n m ä n n l i c h geartet sind: Bartwuchs, Körperbehaarung, Pubes [d.h. Schambehaarung], Stimme, in negativer Beziehung besonders die Brüste.
M e h r m ä n n l i c h sind: Penis, Gesichtsausdruck, Becken, Bewegungen. Von männlichen Geschlechtszeichen sind n i c h t nachweisbar: Testes [Hoden], Skrotum [Hodensack], Prostata, Ejakulation.
B. W e i b l i c h geartet sind: Die Labia majora [die großen Schamlippen].
M e h r w e i b l i c h sind: Harnröhre und Scheide. Von weiblichen Geschlechtszeichen sind nichtnachweisbar: Ovarien [Eierstöcke], Uterus, Tuben [Eileiter], Menstruation.
C. A l l e ü b r i g e n k ö r p e r l i c h e n u n d s e e l i s c h e n G e s c h l e c h t s m e r k m a l e s i n d g e m i s c h t .
D. Überhaupt n i c h t vorhanden, also weder männlich noch weiblich, ist der Geschlechtstrieb. Auch fehlt bisher ein deutlich männliches oder weibliches Geschlechtsbewußtsein.”
Hirschfeld folgert aus dem Vorherrschen männlicher Geschlechtscharaktere, dass “der innere Chemismus überwiegend männlich” sein müsse und dass eine “männliche Pubertätsdrüse mit männlicher Innensekretion” anzunehmen sei.
Daher – so schließt Hirschfeld in seinem Gutachten – “ist die bisherige Bertha D. dem männlichen Geschlecht zuzuzählen. Dementsprechend ist ihr Geschlecht im Standesregister in männlich, ihr Name Bertha, ihrem Wunsche gemäß, in Berthold umzuschreiben. Kleidung und Haartracht und Ausweispapiere sind entsprechend abzuändern. I h r V e r l a n g e n ,n o c h m a l s a l s K n a b e g e t a u f t u n d e i n g e s e g n e t z u w e r d e n , erscheint begründet.” 3 (Hirschfeld: Sexualpathologie. Bd.2, Bonn 1918, S.54/55)