Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Neu entdeckt: Ludwig Levy-Lenz‘ Grab in München

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Die Grabstätte. © J. Nübling / IKG München & Obb.

Ludwig Levy-Lenz (1889–1966) sah im Sexualleben schlichtweg „das wichtigste Kapitel unseres kurzen Lebens“, und Magnus Hirschfeld war für ihn nicht nur ein edler und weiser Mensch, großer Arzt und Revolutionär, sondern vor allem ein „Freund und Meister“. In der frühen Nachkriegszeit gehörte Levy-Lenz zu den wenigen im deutschsprachigen Raum, die sich in und mit ihren Schriften um ein würdevolles Angedenken an Hirschfeld bemühten.

In seinen Memoiren Diskretes und Indiskretes (1951) teilte Levy-Lenz mit, er sei Hirschfeld dankbar, „daß er mich so viel Milde, Güte und Einsicht lehrte, daß er mir Duldsamkeit und Toleranz beibrachte und daß er mir jenes Können und Wissen vermittelte, ohne die ich als Sachverständiger vor Gericht nur allzubald versagt hätte.“

Levy-Lenz betonte dabei Hirschfelds Idealismus und beschrieb einige Züge seiner Persönlichkeit: „Peinliche Ordnung war ihm unangenehm. Bücher und Manuskripte, eigene Werke, Bibliothekswerke, Besprechungsexemplare sammelten sich zu hohen Stapeln auf seinem Schreibtisch, auf seinen Tischen und Stühlen. Vom Geld verstand er nichts. Als er starb, war nicht einmal das Geld für einen Grabstein da.“ Den Grabstein, den Freunde für Hirschfeld schließlich in Nizza setzen ließen, hat Levy-Lenz in späteren Jahren vermutlich einmal besucht, denn er hielt fest: „Kommst Du vorbei, o Wanderer, so suche sein Grab und verweile. Die Blumen, die hier blühen, die Bäume, die hier treiben, sind köstlicher als ihre Geschwister in der weiten Welt.“

Kurzbiographie Ludwig Levy-Lenz

Die äußeren Daten zu Ludwig Levy-Lenz‘ Lebensweg sind auch dank seiner eigenen Memoiren weitgehend bekannt. 1889 in Posen (Poznań) geboren, studierte der junge Levy-Lenz Medizin in Heidelberg, München und Breslau (Wrocław), bevor er als Assistenzarzt in seine Heimatstadt Posen zurückkehrte. Im Zuge des Ersten Weltkriegs gründete er hier ein Lazarett für „Wiederherstellungschirurgie“ und richtete später ein „Kriegsbordell“ ein, wobei er für die medizinische Betreuung der dort tätigen Frauen zuständig wurde. Wenig später wechselte er nach Berlin über, operierte in einem Krankenhaus und übernahm mit finanzieller Unterstützung seines Vaters schließlich eine dermatologische Praxis am Rosenthaler Platz, unweit des Berliner „Scheunenviertels“. Ab Mitte der 1920er Jahre arbeitete Levy-Lenz als Sexualtherapeut und Chirurg an Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft und engagierte sich auch publizistisch im Kampf gegen Geschlechtskrankheiten und für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.

Ludwig Levy-Lenz war dreimal verheiratet. Schon 1933 – dem Jahr, in dem er seine dritte Ehefrau Marya Goldwasser (geb. in Oświęcim) heiratete – verließ Levy-Lenz Deutschland aus Anlass der massiven antisemitischen Hetze zum ersten Mal. Das Paar ließ sich in Paris nieder. Nach der vermeintlichen Entspannung der Lage im Vorfeld der Olympiade von 1935 kehrte Levy-Lenz nach Berlin zurück und eröffnete eine Praxis für Schönheitschirurgie am Kurfürstendamm. Doch schon ein Jahr später emigrierte er erneut und ging zusammen mit seiner Frau nach Ägypten. Hier gelang ihm eine Karriere als ästhetisch-kosmetischer Chirurg, und seine „Villa Heidelberg“ wurde zum Treff- und Zufluchtsort vor allem deutschsprachiger Juden, die ihre Heimat im Zuge des nationalsozialistischen Terrors verlassen mussten, um zu überleben. Levy-Lenz betrieb in Kairo noch bis in die 1950er Jahre hinein eine schönheitschirurgische Praxis, die er zuletzt aber nur in den Wintermonaten nutzte. Die übrige Zeit war er in Baden-Baden tätig.

Die Grabstelle

Ludwig Levy-Lenz verstarb am 30. Oktober 1966 in einem Münchner Krankenhaus, und erst vor kurzem – im Frühjahr 2020 – ist es gelungen, seine Grabstelle ausfindig zu machen. Sie befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof (Sektion 17 Reihe 11 Grab 16) in München, Garchinger Straße 37.