Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Institut für Sexualwissenschaft (1919–1933)

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Im Jahre 1919 erfüllte sich der Sexualarzt und Sexualreformer Magnus Hirschfeld einen lange gehegten Wunsch. Er eröffnete am 6. Juli im Hatzfeldschen Palais in Berlin-Tiergarten das weltweit erste “Institut für Sexualwissenschaft”. Die von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. dokumentierte Ausstellung “Das erste Institut für Sexualwissenschaft” gibt anhand von bisher unveröffentlichten Dokumenten, Fotos und Objekten einen Einblick in die Arbeit des Instituts. Die Ausstellung basiert auf umfangreichen Recherchen in Archiven und Bibliotheken. Sie umfasst 65 Bildtexttafeln (100 cm x 70 cm) und ist in fünf Abteilungen gegliedert, die sich farblich unterscheiden.

Politisch entstand das Institut für Sexualwissenschaft mit den Reformbewegungen der Weimarer Zeit, wissenschaftlich im Zusammenhang mit den bio-medizinischen Erklärungen der Sexualität des Menschen. Die Institutsgründung ist der erste Versuch der Etablierung einer Sexualwissenschaft.

In kurzer Zeit wurde das Institut zu einer bekannten Adresse für Wissenschaftler und Politiker aus dem In- und Ausland. Die Berliner Bevölkerung schätzte es als beratende und behandelnde Einrichtung für “körperliche und seelische Sexualleiden” und insbesondere für “sexuelle Zwischenstufen”, wie Hirschfeld Homosexuelle, Transvestiten und Hermaphroditen bezeichnete. Viele Schiftsteller haben das Institut besucht – Christopher Isherwood, Alfred Döblin u.a. haben ihre Eindrücke literarisch verarbeitet.

Am Institut für Sexualwissenschaft arbeiteten über 40 Personen auf sehr verschiedenen Gebieten, in der Forschung, der Sexualberatung, der Behandlung von Geschlechtskrankheiten und der sexuellen Aufklärung der Bevölkerung. Das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee – die erste Homosexuellenorganisation – und die Weltliga für Sexualreform hatten dort ihren Sitz.

Als jüdisch, sozialdemokratisch und sittenwidrig denunziert, wurde das Institut 1933 von den Nationalsozialisten geplündert und geschlossen. Hirschfeld mußte sich in einem Pariser Kino die Verbrennung seiner Bücher auf dem Berliner Opernplatz anschauen. Nach dem erfolgslosen Versuch einer Institutsneugründung in Paris starb Magnus Hirschfeld an seinem 67. Geburtstag, am 14. Mai 1935, in Nizza. Das Gebäude wurde 1943 zerbombt. Trotz verschiedener Bemühungen es nach dem Krieg neu zu begründen ist das Institut für Sexualwissenschaft in Vergessenheit geraten.

Die Ausstellung

Die von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. dokumentierte Ausstellung “Das erste Institut für Sexualwissenschaft” gibt anhand von bisher unveröffentlichten Dokumenten, Fotos und Objekten einen Einblick in die Arbeit des Instituts. Die Ausstellung basiert auf umfangreichen Recherchen in Archiven und Bibliotheken. Sie umfaßt 65 Bildtexttafeln (100 cm x 70 cm) und ist in fünf Abteilungen gegliedert, die sich farblich unterscheiden.

Institutsgebäude

Die Abteilung “Haus” illustriert die Baugeschichte, den Standort in Berlin, die räumlichen Gegebenheiten sowie die Raumnutzung des Instituts.

Personen

In der Abteilung “Personen” werden die Mitarbeiter mir ihren Arbeitsschwerpunkten vorgestellt, aber auch Besucher, Gäste und Bewohner des Instituts. Zu den Mitarbeitern zählen u.a. der Psychiater Arthur Kronfeld und der Sexualberater Max Hodann, zu den Bewohnern Willy Münzenberg und zu den Gästen Wissenschaftler, Künstler und Politiker aus dem In- uns Ausland.

Theorie und Praxis

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Die dritte Abteilung “Theorie und Praxis” ist am umfangreichsten. Sie gibt einen Überblick über die wichtigsten Arbeitsgebiete sowie die theoretische Orientierung der Institutsmitarbeiter. Im Zentrum steht Hirschfelds “Zwischenstufentheorie” mit ihren Auswirkungen auf Gutachtertätigkeit, Aufklärung und Beratung.

Sexualreform

Daran schließt sich die Abteilung “Sexualreform” an. Sie illustriert die Lebensreformbewegungen zu Beginn des 20. Jh. in die die Sexualreformbewegung eingeordnet wird.

Zerstörung und Exil

Den Abschluß der Ausstellung bildet die Abteilung “Zerstörung und Exil”. Es werden auch die politischen Ereignisse 1933 dokumentiert, sowie Bilder von der Plünderung des Instituts und der Verbrennung der Bücher auf dem Berliner Opernplatz gezeigt. Außerdem wird ein Einblick gegeben in Hirschfelds Exil in Paris und Nizza.

Bilderwand

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Die Ausstellung enthält auch die Nachbildung einer umfangreichen Bilderwand, die Hirschfelds Geschlechtertheorie veranschaulicht. Die Bilderwand wurde 1922 in Leipzig auf der “Hundertjahrfeier der Naturforscher und Ärzte” und 1930 auf dem Kongreß der Weltliga für Sexualreform in Wien gezeigt. Im Institut für Sexualwissenschaft hatte sie ihren festen Platz und wurde bei Institutsführungen erklärt. (Diese Bilderwand ist 2,1 m hoch und 4,5 m breit)

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