HirschFeldForschung
Fundstücke aus neuester Zeit — Objekte, Bücher, Dokumente (Eine Ausstellung der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V.)


Fotos aus Indien, einen Koffer aus Hongkong, ein Gästebuch aus Frankreich, Geschirr aus Berlin und einen Reisepass von 1928 – dies und vieles mehr zeigt die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft aktuell in der Dauerausstellung des Schwulen Museums. Es handelt sich um einige Beispiele aus dem Ertrag langjähriger Forschungen nach den Resten des früheren Instituts für Sexualwissenschaft (1919–1933) und dem Nachlass seines Gründers und Leiters Magnus Hirschfeld (1868 Kolberg – 1935 Nizza). Die Ausstellung zeigt Stücke aus drei größeren Konvoluten, die die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren geschenkt erhielt bzw. erwerben konnte.
Das zweite Konvolut stammt aus dem Nachlass von Ernst Maass (1914 Stettin – 1975 New York), einem Großneffen Hirschfelds. Ernst Maass – selbst bereits in Italien exiliert – hatte sich 1935 in Nizza um Hirschfelds Hinterlassenschaft gekümmert. Er hat eine große Zahl persönlicher Dokumente Hirschfelds – etwa das Kolberger Abiturzeugnis, die Approbation aus Würzburg, den Reisepass der Weltreise u.v.a.m. – bewahrt, dazu eine große Zahl von Familienbriefen. Sein Sohn Robert Maass, heute Fotograf in New York, hat diese Unterlagen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft im Frühjahr 2011 geschenkt.
Den dritten Schwerpunkt der Ausstellung bilden Fotos, Briefe und Gegenstände aus dem Besitz von Adelheid Schulz geb. Rennhack (1909 Stolp i.P. – 2008 Berlin). Adelheid Schulz war von 1928 bis 1933 in der Hauswirtschaft des Instituts für Sexualwissenschaft tätig und bei der Plünderung des Instituts am 6. Mai 1933 zugegen. Sie hat aus der Zeit ihrer Tätigkeit im Institut viele Briefe und Fotos bewahrt und auch einige Gegenstände vor dem Zugriff der Nazis retten können. Nach ihrem Tod haben ihre Tochter und ihre Enkelin diese Gegenstände der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft geschenkt.
Ergänzend zu diesen eigenen Beständen zeigt die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft das Gästebuch Magnus Hirschfeld aus dem Exil in einer farbigen Arbeitskopie von Dr. Marita Keilson-Lauritz. Das Original dieses Gästebuchs liegt heute im Deutschen Literaturarchiv in Marbach, es enthält rund 300 Einträge, deren Verfasser einem Who is who der Kulturgeschichte entstammen könnten. Die Arbeitskopie ist “work in progress” und dokumentiert den mühseligen Prozess der Suche nach den Autorinnen und Autoren der vielsprachigen Einträge. Die Ausstellungsbesucher sind eingeladen, Ergänzungen und Hinweise einzutragen.
Veröffentlichungen
- Ralf Dose: In memoriam Li Shiu Tong (1907-1993). Zu seinem 10. Todestag am 5.10.2003
In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft (2003)35/36, S. 9–23 - Don McLeod: Serendipity and the Papers of Magnus Hirschfeld: The Case of Ernst Maass
Amsterdam, ALMS Conference 2012 - Manfred Baumgardt: Kaffeerunde mit Adelheid Schulz
In: Schwule Geschichte (2003)7, S. 4–16 - Alexandra Ripa: Hirschfeld privat. Seine Haushälterin erinnert sich.
In: Elke-Vera Kotowski; Julius H. Schoeps (Hg.): Magnus Hirschfeld. Ein Leben im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Berlin: be.bra wissenschaft 2004, S. 65-70 - Marita Keilson-Lauritz: Erinnerungspunkte. Überlegungen zur Arbeit am Exil-Gästebuch Magnus Hirschfelds
In: Helene Belndorfer; Siglinde Bolcher; Peter Roessler; Herbert Staud: Subjekt des Erinnerns? Klagenfurt: Drava-Verl. 2011, S. 59–70 - Marita Keilson-Lauritz: Ein Rest wird übrig bleiben… Hirschfelds Gästebuch als biographische Quelle
In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft (2008)39-40, S. 36–49 - Marita Keilson-Lauritz: Hirschfelds Gäste. Eine Ausstellung zu einem Exil-Gästebuch
In: Hinter der Weltstadt. Mitteilungen des Kulturhistorischen Vereins Friedrichshagen e.V. (2006)14, S. 13–16 - Marita Keilson-Lauritz: Magnus Hirschfeld und seine Gäste. Das Exil-Gästebuch 1933-1935
In: Elke-Vera Kotowski; Julius H. Schoeps (Hg.): Magnus Hirschfeld. Ein Leben im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Berlin: be.bra wissenschaft 2004, S. 71–92